Nordmann, Alfred

Über die Schwierigkeit, verantwortlich zu philosophieren, Vortrag am 13.06.22

Die Herausforderung:

Über die Schwierigkeit, verantwortlich zu philosophieren.

Aus der Diskussion:

Philosophen sind oft gefragt als Experten für Ethik. Sie sollen sagen, was zu tun ist, wo es in allen möglichen Belangen, auch in sogenannter „ethischer Begleitforschung“, langgehen sollte. Ist diese der Philosophie gemeinhin zugedachte Rolle in Fragen verantwortlicher Forschung indes aufrechtzuerhalten? Für den Referenten, Begründer des Akademischen Viertels vor genau zehn Jahren, ist diese Rollenzuschreibung problematisch. Denn warum und in welcher Hinsicht sollte der Philosoph privilegiert vor anderen Forschern sein? Er hat, so Nordmann, nicht eigene Fragen und Probleme. Was gute Wissenschaft sei, werde von den einzelnen Wissenschaften ausgehandelt – denen gegenüber die Philosophie nicht als die maßgebende Autorität aufzutreten befugt sei. Neben dem Problem der Zuständigkeitszuschreibung gibt es das der Zukunftszumutung: Gefragt als (vermeintlich) maßgebliche Autorität, wird der Philosophie zugemutet, alle möglichen spekulativen Zukunftsszenarien, etwa der Künstlichen Intelligenz, leichtgläubig zu übernehmen. Zukunft aber ist unverfügbar, und es zeugt geradezu von technischer Hybris, Zukunft als gestaltbares Objekt zu betrachten. Müßte nicht eher zu fragen sein, was eigentlich eine bessere Welt ausmacht? Ein dritter zur Sprache gebrachter Aspekt ist derjenige der „Zuspitzungszulässigkeit“. Etliche Fragen und Probleme, die etwa im Kontext des autonomen Fahrens diskutiert werden, erscheinen künstlich. Sie verführen das Denken zu einer Art „Gottesfigur-Haltung“, die sich Entscheidungen in dilemmatischen Situationen anmaßt, die als solche keine Lösung kennen.

Perspektiven:

Fragen wissenschaftlicher Verantwortung sind nicht von der Hand zu weisen. Für sie gibt es indes keinen Alleinvertretungsanspruch der Philosophie. Sie hat im Gespräch mit anderen Wissenschaften vielmehr einen Raum für Reflexion zu schaffen, in dem Wissensgrenzen anerkannt und Probleme nach bestem Wissen und Gewissen erörtert werden.