Hans Joachim Linke

23. April mit Hans-Joachim Linke: Transformation Grundsteuer

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Hans-Joachim Linke, Fachgebiet Landmanagement/Raum- und Infrastrukturplanung, Thema: „Transformation Grundsteuer“

Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinden. Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018 musste das Bemessungsverfahren für die Grundsteuer überarbeitet werden, da mit den bisherigen Werten der Gleichheitsgrundsatz verletzt wird. Dies führte zu einem aufwendigen Transformationsprozess, da ein neues Bemessungsverfahren entwickelt, die zugrundzulegenden Werte unter Einbeziehung der Grundstückseigentümer bestimmt sowie die Veränderungen und ihre Notwendigkeit der Bevölkerung vermittelt werden mussten. Die aus diesem Transformationsprozess gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen Rückschlüsse auf andere anstehende bzw. laufende Transformationsprozesse.

Die Herausforderung

Die Grundsteuer betrifft uns alle – ob Eigentümer oder Mieter.

Sei es direkt als Substanzsteuer (Vermögenssteuer) oder weitergegeben über die Nebenkosten als Nutzersteuer – wir haben sie immer zu zahlen.

Ihre Allgegenwärtigkeit im Alltag und ihre finanzielle Relevanz für Kommunen machen sie zu einem zentralen Baustein der deutschen Steuerlandschaft. Als verlässliche Einnahmequelle trägt sie maßgeblich zur Finanzierung öffentlicher Infrastruktur und kommunaler Daseinsvorsorge bei. Zugleich entfaltet sie über ihre Umlagefähigkeit im Mietverhältnis auch eine mittelbare soziale Wirkung und beeinflusst das wohnungspolitische Gefüge unmittelbar.

Das bisherige Verfahren zur Wertermittlung, das auf sogenannten Einheitswerten beruhte, wurde im Jahr 2018 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht bemängelte insbesondere die gravierenden Wertverzerrungen, die sich aus den jahrzehntelang unveränderten Bewertungsgrundlagen ergaben und sah dadurch den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG verletzt.

Aus dem Vortrag

Im Zuge der notwendigen Neuregelung gelang es dem Gesetzgeber nicht, ein einheitliches Bewertungsmodell zu etablieren. Stattdessen bediente man sich der sogenannten „Länderöffnungsklausel“, die es den Bundesländern erlaubt, vom Bundesmodell abweichende Bewertungsverfahren zu entwickeln. In der Folge entstand eine Modellvielfalt, mit derzeit sechs unterschiedlichen Bewertungsansätzen, deren Systematik und Belastungswirkung sich teils erheblich unterscheiden.

So basiert das baden-württembergische Bodenwertmodell ausschließlich auf dem Bodenrichtwert, während der Gebäudewert explizit unberücksichtigt bleibt – eine bewusste Entscheidung zugunsten der Verwaltungsvereinfachung. In Bayern wiederum wird das sogenannte Flächenmodell angewendet, das auf eine wertunabhängige Pauschalierung setzt: Hier fließen Grundstücksgröße sowie Wohn- und Nutzfläche ein, nicht aber deren Marktwert, was besonders in hochpreisigen Lagen entlastend wirkt.

Ungeachtet der modellbezogenen Unterschiede bleibt der Berechnungsansatz strukturell identisch:

Grundsteuerwert × Grundsteuermesszahl × Hebesatz.

Während Grundsteuerwert und Messzahl vom Bundesgesetzgeber bzw. im jeweiligen Landesrecht geregelt werden, obliegt die Festsetzung des Hebesatzes den Kommunen. Diese können so auf ihren individuellen Finanzbedarf reagieren und erhalten ein verlässliches, konjunkturunabhängiges Instrument zur Haushaltssteuerung. Insofern ist die Grundsteuer eine zentrale Säule kommunaler Eigenverantwortung und fiskalischer Stabilität.

Gleichwohl setzte unmittelbar nach Inkrafttreten der Reform erneut eine verfassungsrechtliche Diskussion ein. Insbesondere wird kritisiert, dass die stark differierenden Modelle zu Ungleichbehandlungen führen, die mit dem Gleichheitsgebot nur schwer vereinbar erscheinen. Hinzu kommt eine Vielzahl administrativer und datentechnischer Herausforderungen: Die Neubewertung sämtlicher Grundstücke erforderte eine umfassende Datenerhebung, deren Genauigkeit und Vollständigkeit nicht überall sichergestellt ist. Zudem stehen die Bodenrichtwerte selbst in der Kritik – sowohl hinsichtlich ihrer Methodik als auch ihrer Transparenz.

Prespektiven

Der Transformationsprozess im Kontext der Grundsteuer erweist sich damit nicht nur als technische Anpassung steuerlicher Bewertungsgrundlagen, sondern als vielschichtiger politisch-gesellschaftlicher Aushandlungsprozess. Er tangiert Fragen von Verteilungsgerechtigkeit, Eigentumsverantwortung, Bodenpolitik und kommunaler Selbstverwaltung gleichermaßen – und wird daher auch über das Jahr 2025 hinaus ein dynamisches und kontroverses Politikfeld bleiben.