Waldminghaus, Torsten

Biologie | „Synthetische Biologie – Chromosomen aus dem DNA-Baukasten“ | Vortrag am 24.04.2024

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Die Herausforderung

DNA – dieser Begriff begegnet uns im öffentlichen Raum an zahlreichen Stellen. Die DNA steht für etwas Grundlegendes, Feststehendes. So sprechen Medien von der DNA von Parteien und anderen Institutionen als deren festgeschriebener Identität und unabänderlichem Erkennungsmerkmal, als etwas, woraus sich auch deren Eigenschaften und Funktionen ablesen lassen. Diese aus der Biologie entlehnte Analogie ist nicht abwegig, die Sequenz, also die Abfolge der Nukleotide – der Bausteine – der Desoxyribonukleinsäure (DNA) bestimmt den Aufbau von Organismen. Allein diese zu kennen ist indes nicht hinreichend zum Verständnis ihrer Funktion. Dies mit neuen Herangehensweisen und molekularen Werkzeugen zu entschlüsseln, ist eine der zentralen Aufgaben der noch relativ neuen Disziplin der Synthetischen Biologie.

Aus dem Vortrag

Die Sequenzierung der DNA war ein Meilenstein der Wissenschaft. Wie es jedoch zum Verständnis einer Sprache nicht ausreicht, die Reihenfolge der Buchstaben zu kennen, so ist es auch zum Verständnis der DNA essentiell, Gene und regulative Sequenzmotive genau zu kennen und ihre Bedeutung im Rahmen der ablaufenden Prozesse einer Zelle, also gleichsam ihre „Grammatik“, nachzuvollziehen. Ein moderner Ansatz zum Verständnis der Organisation der genetischen Information zielt auf die Herstellung eines synthetischen Chromosoms, d.h. eines DNA-Moleküls. Einige Proteine, z.B. zur DNA-Reparatur, binden an spezifische Sequenzmotive, welche wiederum eine bestimmte Verteilung auf den Chromosomen von Zellen aufweisen. Die Herstellung synthetischer Chromosomen mit veränderten Verteilungsmustern dieser Sequenzmotive kann einen Beitrag zum Verständnis der chromosomalen Organisation leisten. Hierzu werden die künstlichen Chromosomen im Labor synthetisiert und in Bakterienzellen eingebracht. Die anschließende Analyse durch Replikation in die Chromosomen eingebauter Mutationen ermöglicht Rückschlüsse über die Organisation der Chromosomen. Dieser Ansatz des „Bauens, um zu verstehen“ ist kennzeichnend für die Synthetische Biologie, die an der Schnittstelle von Biologie und Ingenieurswissenschaften innovative, kreative und interdisziplinäre Ansätze zur Erstellung und Modifikation biologischer Systeme entwickelt, um Fragestellungen der Grundlagen- und anwendungsorientierten Forschung zu beantworten.

Perspektiven

Die Synthetische Biologie ist eine innovative Disziplin, die konstruktive, ingenieurswissenschaftliche Methoden den klassischen analytischen Herangehensweisen der Naturwissenschaften gegenüberstellt, um neue biologische Systeme zu entwickeln. Während sie das Potential hat, einzigartige Einblicke in biologische Prozesse zu ermöglichen und neue biotechnologische und medizinische Anwendungen zu bieten, wirft sie auch wichtige Fragen hinsichtlich der Biosicherheit und Ethik auf. Sie sind auch Teil des an der TU Darmstadt seit dem Wintersemester 2023/24 bestehenden, neuen englischsprachigen Masterstudiengangs „Synthetic Biology“.