Nuber, Ulrike

Biologie, Vortrag am 17.7.2019

Mehr zur Person

Die Herausforderung:

Hemmen unsere Gesetze, Strukturen, Mentalität die kommerzielle Verwertung neuer Ideen und Technologien?

Aus der Diskussion:

Mit der Abschaffung des Hochschullehrerprivilegs im Jahr 2002 veränderte sich in Deutschland die Rechtslage zu Erfindungen von Professoren grundlegend. Vor der Novellierung des §42 im Arbeitnehmererfindergesetz besaßen Hochschullehrer die Rechte an ihren Erfindungen selbst und hatten die Möglichkeit, frei über Patentierung und Vermarktung zu entscheiden. Nach der neuen Rechtslage ist die Universität die Eigentümerin von Rechten an Erfindungen von Hochschullehrern. Die Erfinder erhalten eine 30% Vergütung im Fall einer Verwertung. Mit der Gesetzesänderung sollten durch die Übertragung von Verwertungsrechten, aber auch -kosten und -risiken auf die Hochschulen der Wissenstransfer zwischen Hochschulen und Wirtschaft erhöht, durch Bündelung der Verwertungsaktivität Effizienzsteigerungen hervorgerufen werden, zusätzliche Erlöse durch den Verkauf von Patenten den Hochschulen zugutekommen und mehr Anreize zur Patentierung geschaffen werden. Nach der Abschaffung des Hochschullehrerprivilegs lässt sich in Deutschland beobachten, dass die Anzahl der akademischen Patente stagniert bzw. abnimmt. Gleichzeitig ist eine relative Zunahme universitätseigener Patente und eine relative Abnahme von Patenten festzustellen, die Firmen gehören und auf Erfindungen an Universitäten beruhen. Auch scheint die Qualität akademischer Patente abgenommen zu haben. Woran liegt das? Bei den Hochschullehrern muss unterschieden werden zwischen denen, die Kontakte zur Industrie aufweisen und anderen ohne solche Kontakte. Die Gruppe, die keine Kontakte zur Industrie besitzt, profitiert von der Gesetzesänderung und zeigt eine erhöhte Patentaktivität, während die Gruppe, die Kontakte zur Industrie aufweist, eine geringere Patentaktivität hat. Da letztere Gruppe wesentlich größer ist, resultiert eine insgesamt geringere Zahl akademischer Patente. Des Weiteren führt die Übertragung von Patenten ins Universitätseigentum zu Ineffizienzen, da die Erfinder weniger Freiheiten und Anreize haben, auf der Basis ihrer Erfindungen Unternehmen zu gründen. Mit der Abschaffung des Hochschullehrerprivilegs wurden gleichzeitig Technologietransfer-Einheiten eingeführt, die es erleichtern sollen, Patente anzumelden. Der Fokus solcher Einheiten liegt im deutschen System auf Patentierung und Lizenzierung. In Schweden beispielsweise sind Technologietransfer-Einheiten auf Unternehmensgründungen ausgerichtet. Diese Einheiten geben auch sachliche und finanzielle Unterstützung bei der Unternehmensgründung. Neben den gesetzlichen und strukturellen Rahmenbedingungen spielen auch unterschiedliche Mentalitäten eine Rolle bei kommerziellen Verwertungsaktivitäten basierend auf akademischen Erfindungen.

Perspektiven:

Die mit der Novellierung des §42 im Arbeitnehmererfindergesetz im Jahr 2002 veränderte Rechtslage brachte nicht die gewünschten Effekte. Eine Wiedereinführung des Hochschullehrerprivilegs ist daher zu befürworten.