Lang, Franziska
Klassische Archäologie, Vortrag am 20.1.2016
Die Herausforderung:
Dass eine archäologische Ausgrabung nicht nur dem Erhalt und der Bewahrung gilt, sondern dabei auch manches zerstört, ist leicht einsehbar. Umso mehr hat die Archäologie eine Verantwortung, wie und für wen sie kulturelles Erbe erschafft.
Aus der Diskussion:
Im 19. Jahrhundert wurde die Akropolis in Athen nach klassizistischen Idealvorstellungen ausgegraben. Dafür mussten alle nachklassischen Bauten weichen, die sich in der Zwischenzeit etabliert hatten und heutigen Archäologinnen und Archäologen Auskunft über die nachklassische Kultur und Geschichte Athens geben könnten. Im Nationalsozialismus wurde durch archäologische Forschungen ein expansionistisches Streben untermauert, indem sie z. B. die Ausbreitung germanischer Artefakte untersuchten. Heute kann die Archäologie von Massengräbern die kritische Aufarbeitung der Vergangenheit unterstützen. Umgekehrt wird archäologische Arbeit durch nationale Vorgaben, touristische und andere wirtschaftliche Interessen eingeschränkt. Und dort, wo Archäologie zur Klärung widerstreitender Ansprüche beitragen könnte (z. B. der Tempelberg in Jerusalem), ist dies keineswegs immer erwünscht. Die brachiale Zerstörung von Kulturdenkmälern durch den IS, der diese als feindliche Alterität klassifiziert, ist leider nicht ungewöhnlich, sondern hat viele historische Vorläufer, etwa während der Kreuzzüge. Archäologie ist also an der Produktion und Konstruktion „kulturellen Erbes“ beteiligt und dadurch auch mit der Politik verflochten.
Perspektiven:
Die Archäologie erweitert die Arbeit der vornehmlich auf Schriftquellen fixierten Geschichtswissenschaft. Das ist besonders spannend für eine Geschichte und Archäologie technischer Artefakte. Dabei gerät zunehmend auch das „immaterielle Weltkulturerbe“ in den Blick, also beispielsweise die Erforschung des Wissens und seines Transfers von auch heute sprachlich nicht vollständig fixierten technischen Fertigungsmethoden und Nutzungsweisen durch detaillierte Objektanalysen.