Koppetsch, Cornelia

Geschlechterverhältnisse, Bildung und Lebensführung, Vortag am 18.11.2015

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Die Herausforderung:

Gesellschaftstheorien beziehen sich vor allem auf die je eigene Gesellschaft und werden zumeist in nationalen Zusammenhängen formuliert. Wo bleiben die Theorien, die den Entwicklungen einer globalen Gesellschaft gerecht werden?

Aus der Diskussion:

Für den Bedeutungsverlust von Gesellschaftstheorien in der Soziologie gibt es institutionelle, intellektuelle und kognitive Gründe. Gesellschaftstheorien stiften Identität nach Innen und nach Außen. In ihnen verdichtet sich das Selbstverständnis einer Gesellschaft und sie erlauben es allen gesellschaftlichen Akteuren, sich zu verorten und zu positionieren – sei es in Bezug auf Karl Marx, Max Weber, Georg Simmel, sei es später in Bezug auf Niklas Luhmann, Jürgen Habermas, Theodor Adorno, sei es zuletzt noch in Bezug auf Ulrich Beck, Bruno Latour, Michel Foucault. Für diese Art von Theoriebildung gibt es heute immer weniger Abnehmer. Grundsätzliche Vorbehalte, ob heute überhaupt noch von „der Gesellschaft“ gesprochen werden kann oder nur noch von lokaleren, begrenzteren sozialen Prozessen, spielen hier eine Rolle. Wesentlich sind aber auch die damit einhergehenden institutionelle Veränderungen, wenn etwa die Soziologie vor allem unmittelbar relevante Drittmittelforschung generieren soll und damit die Bedeutung kritischer Theoriebildung infrage gestellt wird.

Perspektiven:

Die Herausforderung gilt auch für unsere Auffassungen von der gesellschaftlichen Bedeutung von Wissenschaft und Technik. Die unterschiedliche Verortung akademischer Forschung im Bildungsbürgerland Deutschland und im globalen Innovationswettbewerb wäre ein Thema für eine nächste Diskussion.