Hamacher, Kay

computational biology and simulation, Vortrag am 4.6.2014

Mehr zur Person

Die Herausforderung:

Insbesondere in der Gesellschaft, aber auch in der Wissenschaft – wie können wir der gefährlichen Neigung widerstehen, voreilig von Korrelationen auf Kausalität zu schließen?

Aus der Diskussion:

Die Evolutionstheorie hat der Forschung eine vorbildlich vorsichtige, vielleicht konservative Haltung auferlegt: Auch wo es Phänomene wie Ko-Evolution gibt – der Schnabel eines Bestäubers und die Blütenform verändern sich gleichzeitig und scheinen sich aneinander anzupassen – geht das evolutionsbiologische Denken nicht von unmittelbarer Verursachung aus, sondern postuliert einen graduellen Selektionsprozess. Vorbildlich ist diese Haltung, weil Forscher, Gesellschaft, Politik dazu neigen, die Interpretation statistischer Daten nach ihren Vorannahmen auszurichten und vorschnell kausal zu interpretieren. Insbesondere in gesellschaftlichen Zusammenhängen fehlt das statistische Grundwissen, um sich selbst vor den gröbsten Fehldeutungen zu schützen. Hier sind Grundkompetenzen umso wichtiger, weil politische Entscheidungen und gesellschaftliche Reformen selten auf nachgewiesenen Kausalzusammenhängen, oft aber auf der Präsentation statistischer Daten beruhen. Die beste Devise lautet vielleicht „Man kann nie konservativ genug sein“, also möglichst zurückhaltend und mit Demut gegenüber all dem Nichtwissen, das noch im vorliegenden Wissen steckt. Aber wie konservativ soll die Wissenschaft sein, wenn es andererseits darum geht, starke Thesen zu formulieren und dann empirisch zu überprüfen?

Perspektiven:

Die Vermittlung von grundlegendem Wissen über statistische Verfahren müsste stärker in der Lehre verankert sein – Logik und die Methodenlehre der Hypothesenprüfung ergänzt um Wahrscheinlichkeitstheorie, statistische Verfahren und Umgangsweisen mit immer größeren Datenmengen. Interdisziplinäre Seminare würden dem fachübergreifenden Auftauchen des Problems gerecht, könnten es aus mathematischer, erkenntnistheoretischer und rhetorischer Perspektive betrachten.