Synthetisch resistente Bakterien

Untersuchung von Bakterien mit synthetischer Resistenz gegen Desinfektion

Laufzeit: 11.2022 – 7.2024

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Prof. Holger V. Lutze | FB 13, Umweltanalytik und Schadstoffe (UaS)

Prof. Torsten Waldminghaus | FB 10, Molekulare Mikrobiologie (MMb)

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Projektbeschreibung:

Desinfektionsverfahren sind weltweit eine Grundvoraussetzung für den Zugang zu sicherem Trinkwasser. Methoden wie die Chlorung werden seit über einem Jahrhundert eingesetzt und sind bisher sehr effektiv in der Inaktivierung von Krankheitserregern. Durch die klimawandelbedingte weltweite Erwärmung der Wasserressourcen wird die Desinfektion von Trink- und auch Abwasser in den nächsten Jahrzenten, aufgrund der besseren Wachstumsbedingungen für Bakterien (höhere Temperatur der Wasserressourcen und besseres Nährstoffangebot, sowie größere Abwasseranteile), sehr stark zunehmen. Eine temperaturbedingte Vermehrung von coliformen Keimen im Leitungssystem der Trinkwasserverteilung wurde in den letzten Hitzesommern 2018 und 2019 auch in Deutschland vermehrt beobachtet. Bisher geht man davon aus, dass Mikroorganismen nur sehr schwer Resistenzen gegenüber gängigen Trinkwasserdesinfektionsmitteln bilden können, da die hier eingesetzten Mittel, anders als Antibiotika, vielfältige Zellschäden hervorrufen.Eine starke Zunahme der Verwendung von Desinfektionsmitteln in Kombination mit verbesserten Wachstumsbedingungen und der guten Anpassungsfähigkeit von Mikroorganismen führt zu einem erhöhten Risiko der mikrobiellen Adaption an die Wasserdesinfektion. Damit würde auch die Gefahr der Ausbreitung von Infektionskrankheiten wachsen und der Zugang zu sicherem Trinkwasser weltweit stark eingeschränkt werden. Über das Anpassungspotenzial von Mikroorganismen gegenüber Desinfektionsmitteln ist wenig bekannt und vielfach fehlt noch ein Grundverständnis zu den durch die Wasserdesinfektion verursachten Zellschäden. Einer der wesentlichen Gründe hierfür ist die große Komplexität der Inaktivierungsreaktionen innerhalb der mikrobiellen Zellen. So werden zum Beispiel durch die Interaktion vom vielfach angewendeten Chlordioxid (ClO2) mit Mikroorganismen oder anderen Matrixbestandteilen des Wassers eine Vielzahl von reaktiven Spezies erzeugt, (sekundäre Oxidationsmittel), die weitere Reaktionen bewirken und damit die Desinfektionswirkung verstärken können.Die Menge und Art dieser reaktiven Spezies ist dabei von der Art der mikrobiellen Zellen und der chemischen Zusammensetzung der Matrixbestandteile abhängig. Ziel des hier vorgeschlagenen Projektes ist es, ein detailliertes Verständnis für die Wirkmechanismen der Wasserdesinfektion und eine Abschätzung des Risikos von Resistenzbildungen zu erarbeiten. Dies kann nur durch das Zusammenführen der Forschungsbereiche der chemischen Umweltanalytik und der molekularen und synthetischen Mikrobiologie in einem interdisziplinären Projekt erreicht werden. Im Sinne der Arbeitsdefinition Interdisziplinarität des FiF handelt es sich dabei um eine mittlere Interdisziplinarität im Bereich Biologie/Bau- und Umweltingenieurwesen. Unsere Vision ist es, durch ein verbessertes Verständnis von Desinfektionsprozessen die Entwicklung von technischen und/oder chemischen Strategien zu ermöglichen, um die Resistenzen von pathogenen Keimen gegen Desinfektionsmittel zu vermeiden und damit für Menschen weltweit den Zugang zu sicherem Trinkwasser unter veränderten Klimabedingungen zu ermöglichen. Die Kopplung der Arbeitsgebiete von Molekulare Mikrobiologie (MMb) und Umweltanalytik und Schadstoffe (UaS) wird als völlig neues Forschungsfeld an der TU Darmstadt gegründet, welches auch in anderen Bereich etwa der Medizin langfristig etabliert werden kann.